GRÄNZENLOS BESCHRENKT. Leben als Satire

Arovell Verlag 2009
150 Seiten
€ 12,80
ISBN 9783902547774

 
Wer dieses Buch liest, wird klüger, aber nicht glücklicher. Immerhin weiß er dann vielleicht wie Männer und Frauen denken. Was bei Botox-Parties passiert. Wie man romantische Fußballabende zu zweit verbringt. Dass Beschränktheiten grenzenlos sind. Wie man Kinder gut zerteilt. Wieso der Fußball oft nicht so will wie der Spieler. Wie man rauschfrei durch die Pubertät kommen könnte. Usw.
 

Leseprobe

MEINE FRAU SPRICHT NICHT MIT MIR

Meine Frau spricht nicht mit mir.
Ich habe keine Ahnung, was zu Hause vor sich geht.
Man sagt mir nichts. Ich bin da völlig von jeder Information abge-
schnitten.
Ich habe eine Tochter, die spielt Tennis.
Zufällig erfahre ich das.
Sie geht seit neuestem ins Gymnasium.
Wer erfährt es als Letzter? Wer wohl? Ich. Natürlich.
Gut, ich frag auch nicht.
Hätt´ man mir aber auch sagen können.
Oder dass mein Sohn Geburtstag hat.
Reiner Zufall, dass ich das am Tag danach mitkrieg.
Der wievielte es war, weiß ich bis heute nicht.
Ich bin ein Beziehungswaise, ein gänzlich vernachlässigtes Familien-
mitglied.
Meine Frau ist nachmittags mit dem Auto unterwegs.
Was macht sie da?
Ich schau nämlich immer auf den Tachostand, rein aus Interesse.
"Hast eine Österreichrundfahrt gemacht, Schatzi?",
frag ich ganz subtil.
Zur Tennisstunde, zur Cellostunde, zum Kieferorthopäden
und was weiß ich noch,
sei sie gefahren.
Ja, ja, das sind dann so die Ausreden.
Was soll denn meine Tochter beim Kieferorthopäden?
Und seit wann spielt sie überhaupt Cello?
Selbst wenn ich fragen würde,
angenommen, wenn,
wer weiß, ob ich eine Antwort bekäme.
Wenn Frauen vernünftig sprechen würden.
Aber meine Frau spricht gar nicht mit mir.
Jedenfalls nichts Wesentliches.
Dabei lasse ich ihr ganz freie Hand
bei der Kindererziehung.
Ich hab ja nie Kinder gewollt, sie schon. Also.
Und jetzt geht das auch bei meinen Kindern schon los.
"Ich heiße nicht Anna", hat erst unlängst meine Tochter gesagt.
Ganz beleidigt war sie, richtig gschnappig.
Angeblich heißt sie schon seit ihrer Geburt anders.
Mein Gott, wie soll ich mir das alles merken?!
Ich hab sie nicht gefragt, wie sie wirklich heißt,
weil sonst ist sie völlig eingeschnappt.
Anna heißt sie jedenfalls offensichtlich nicht.
Sie hat sich überhaupt stark verändert
in den vergangenen zwei Jahren.
Manchmal frag ich mich ja, wer ist
diese fremde Person in meinem Haushalt?
Ich frag mich das natürlich nur, wenn ich zu Hause bin.
Nicht sehr oft also.
Aber das verunsichert schon,
diese Kälte.
Ich bin schon noch verheiratet, warum fragen Sie?
Ja, ja, sogar zum zweiten Mal schon.
Beim zweiten Mal geht ja alles viel besser.
Glaubt man.
Gut, meine erste Frau war wirklich noch nicht reif für die Ehe.
Sie wollte immer reden über die Beziehung.
Da stimmt ja etwas nicht, wenn man immer drüber reden muss.
Meine jetzige, wie gesagt, die spricht nicht mit mir.
Wie sie heißt?
Jetzt haben Sie mich zu schnell gefragt.
Mein Sohn heißt Oliver,
glaub ich jedenfalls.
Vielleicht sollte ich ihn einmal fragen.
Aber ich seh ihn ja ganz selten.
Und meine Frau spricht nicht mit mir.
Ute heißt sie übrigens, jetzt fällt´s mir wieder ein.
Ansonsten geht es uns gut.
Danke der Nachfrage.
Wir sind eine ganz normale Familie, typischer Durchschnitt halt.

WIE ZERTEILE ICH EIN KIND?

Wie zerteile ich ein Kind sach- und fachgerecht?
So ein Kind kann man ja nicht einfach mit der Geflügelschere
auseinander schneiden. Das wäre zwar praktisch, aber so ein Kind ist ja
doch kein Henderl oder Schweinderl nicht. Nein, ein Menscherl, ein
menschliches Mitgeschöpf sogar, bei dem auch Anbinde- und
Käfighaltung verboten sind.

Aber wie zerteilt man es jetzt, wenn es nun mehrfach beansprucht wird?
Und wer bekommt die besten Teile?
Weil die Nachfrage ist ja oft groß, aber der Kindsmarkt wird immer
kleiner.
Und viele, die eins haben, wollen es partout nicht mehr hergeben.
Handeln ist verboten, also muss man es aufteilen.
Bei einem Ferkel wär es leicht, aber das gehört jetzt nicht hierher.
Auch nicht der selbstverständliche Umgang mit Scheren, Zangen,
Messern und anderen Geräten aus Küche und Werkstatt.

Früher wurden Kinder noch viel leichter zerteilt. Vor allem wenn zwei
Familienmitglieder, meistens die so genannten Eltern, darauf Anspruch
erhoben haben.
Den Körper hat meistens die Mutter bekommen. Und zwar im Ganzen.
Den Rest der Vater.
Heutzutage wollen sich Väter aber nicht so einfach abspeisen lassen.
Sie haben Appetit auf mehr Kind. Sie verlangen mehr Bestandteile,
sie wollen auch die Gustostückerl!
Und darum stellt sich die Frage nach dem sachgerechten Zerteilen
immer dringlicher.

Ich kann nur ein paar Tipps und Anregungen geben:
Die größte Aufmerksamkeit sollte darauf gelegt werden, dass mögliche
Schmerzen und Qualen vermieden werden, sowohl beim zu zerteilenden
Kind als natürlich auch bei den aktiv Teilenden. Sonst werden zu
viele Angsthormone produziert und die schaden beim späteren Genuss.
Grausame Teilungspraktiken in der Öffentlichkeit sollten dringendst
unterbleiben. Das ist ungustiös und ruft nur die sensationsgeilen
Medien auf den Plan.
Zwischen dem Kind und seine Zerteiler sollten Instrumente oder
Organe treten, die wenig Empfindung zeigen, so wie etwa Messer und
Gabel beim Essen. Das könnten beim Kinderzerteilen Organe der
Exekutive oder der Legislative sein.

Und zum Schluss noch ein Vorschlag zur Güte:
Bei Problem-Tieren ist es ja mittlerweilen häufig schon so, dass
Tierschutzorganisationen Tiere freikaufen und ihnen so einen
artgerechten Lebensabend ermöglichen.
Das müsste doch auch bei Kindern möglich sein: Kinderschutz-
organisationen kaufen Kinder frei und bringen sie in Sicherheit.
Eventuell auch auf ein Gut Kinderbichl. Aber das ist wohl noch
reinste Zukunftsmusik.
Doch bis es so weit ist, wird man Kinder noch sehr unprofessionell
und auf verschiedene Weisen zerteilen. Auf mich wartet jetzt
wieder so ein armes Patscherl. Also, Sie entschuldigen mich jetzt,
und schönen Abend noch. Sollten Sie laute Schreie hören, die
kommen aus dem Fernseher.

ROMANTISCHER FUßBALLABEND ZU ZWEIT

Wie arrangierst du einen romantischen Fußballabend mit deiner Frau
oder Freundin?
Ohne sie wär´s natürlich leichter: da genügten Bier und Chips.
Aber wenn sie unbedingt diesen wichtigen Spielabend mit dir
gemeinsam vor dem Fernseher verbringen will? Gerade diesen!
Und nachher, ich meine die nächsten Monate, auch noch mit
dir beisammen sein will?
Und du auch mit ihr.
Das ist schwer.
Sehr schwer.
Aber es geht.

Du brauchst einen Romantik-Coach
für eher Unromantische oder romantisch Unbegabte.
Du brauchst mich.
Deinen Emotional-Guide.
Deinen Sensibilitäts-Erwecker.
Deinen Ego-Schwein-Töter.
Deinen Herzens-Stimmtrainer.
Ja, das bin alles ich. Ich mach das für dich. Ich zeig dir´s, wie´s geht.
Ich mach aus dir ein hochsensibles Wesen.
Keine Angst: Du bleibst ein Mann.
Außen weich, aber innen hart. Oder umgekehrt.

Du musst dir das jetzt so vorstellen:
Zuerst üben wir ein paar Sätze ein.
Frauen lieben Wörter, ob sie einen Sinn ergeben oder nicht:
Sag von Zeit zu Zeit was.
In ihre Richtung, nicht zum Fernseher.
Sprich mit ihr.
Es gibt auch langweilige Spielphasen, wo du sicher nichts versäumst.
Das musst du ausnützen.
Sprich mit ihr. Wiederhol dich ruhig.
Frauen lieben Wiederholungen.

Zweitens: Gib die Fernbedienung aus der Hand.
Das macht sich nicht gut.
Das ist irgendwie unromantisch.
Du sollst die Hände frei haben.
Nicht nur für´s Bier, du Dummer.
Drittens: Sei verständnisvoll, wenn sie nix versteht. Vom Spiel.
Erklär ihr deine kleine Fußballwelt.
Aber nur, was sie wirklich wissen will.
Und nicht alles.
Viertens: Zieh dir was Nettes an.
Nicht diese ausgeleierten Trainingshosen
und das Leiberl mit den Schweißflecken.
Männerschweiß riecht nur frisch gut.
Es soll ja ein romantischer Fußballabend sein, vergiss das nicht.
Romantik, d.h. stimmungsvoll, sinnlich, ästhetisch.
Lies mal nach, was das heißt.

Warum ich das alles so genau weiß?
Ich war früher einmal eine Frau - der Chirurg macht´s möglich ?
und kann mich gut in eine kleine Frauenseele hineinversetzen.
Also: Wenn du üben möchtest, ruf mich einfach an.
006 - Männernotruf.
Und dann üben wir Zwei mal.
Ciao, du Schlimmer.