VERIRRTE SCHLÄFER, UNGESCHÜTZTE TRÄUMER

Gedichte
Grasl 2001
64 Seiten, € 8,--
ISBN 3-85098-257-2

 
"Verirrte Schläfer, ungeschützte Träumer" - das sind Texte wie aus dem Spiegellabyrinth eines Träumers. Im Wechsel von spielerischer Intellektualität und geformter Phantasie führen die Gedichte in ein reizvolles, gefährliches Grenzland, ein Niemandsland, in dem sich Traum und Wirklichkeit aneinander reiben, verschwimmen, auch ununterscheidbar werden. Vertraute und unheimliche Wahrnehmungen, luzide Gedächtnisbilder, chiffrierte Einbildungen, aber auch Wunschträume und Phantasien evozieren innere Befindlichkeiten und äußere Lebensumstände. Der Band versammelt Gedichte zwischen aphoristischer Leichtigkeit und elegischer Schwere, sinnlicher Bildhaftigkeit und präziser Intensität.
 
"Seelische Abgründe tun sich auf, der Mensch als von seinen Alpträumen Verfolgter, der keinen Ausweg findet aus der Traummühle, die so gar nichts Romantisches an sich hat ? da ändern Rhythmus, Liedhaftigkeit und der sparsam eingesetzte Reim nichts, im Gegenteil: sie verstärken den Eindruck von einem einsamen, gejagten Ich, das sich nur noch in die Sprache und das Spiel mit Worten flüchten kann...?

Christoph Janacs, Literatur und Kritik

Was die gemessene Zeit schuldig, was im alltäglichen Vorbeidriften ungeöffnet geblieben, was in der oberflächlichen Realität versickert, was der "Therapie des Vergessens" entgangen ist - nachdem sich der Tag noch einmal verbeugt und "gebückt nach hinten" abgegangen ist, öffnet sich eine Falltreppe in eine tiefere Wirklichkeit, Traumgalaxien überwinden die Schwelle des Bewusstseins, "Überschwemmungen der Nacht" laden unsichtbare Entwürfe und verlockende Leere in Wortwendigkeit und klingenden Bildern ab. Fritz Popp weiß diese Bilder in intensiven Wortneuschöpfungen ("zerböllern") und Umpolungen ("Unfassbar verlangt Gastrecht") mit Sprachwitz zu deutlichen Aussagen und klar konturierten kurzen Bildfolgen und Erlebniswelten zu inszenieren. Wenn man will, versteht man die Texte auf den ersten Blick, man kann allerdings auch tiefer lesen und sich auf die immer wieder aufbrechenden Verknüpfungen, die sich erst bei näherer Betrachtung erschließen, einlassen und so an sarkastisch-bissigen Kommentaren zur Lebenswirklichkeit, am In-Frage-Stellen der rationalen Erklärungsversuche des Daseins, an den Windungen um persönliche Beziehungen und das Erwachen des schöpferischen Ichs genüsslich teilhaben. Sehr empfehlenswert.

Christiane Ulz, büchereinachrichten

Leseprobe

IN DEN NÄCHTEN ABER

Unsere Träume
tragen wir wie Briefe
durch den Tag

In den Nächten aber
öffnen wir manchmal
das Siegel

Weit hinter
dem Augenscheinlichen
diktiert uns jemand

einen neuen Brief
der seinen Adressaten
vielleicht nie findet

BRAV SCHLUCKT DICH DIE SCHLAFTABLETTE

Brav schluckt dich
die Schlaftablette
Und spuckt
am Morgen dich aus

Dazwischen
zergehst du
Löst dich
unmerklich auf

Ein Klumpen Schleim im Bett
Niemandes Traum

UNGEBETEN TRITT EIN

Ungebeten tritt ein
und verlangt Gastrecht

Unzeit verstellt
die Uhren

Unglaublich erzählt
wahre Geschichten

Unfassbar
umarmt uns